Die Insolvenz des Kunden

Mit Inkrafttreten der Insolvenzordnung am 01. Januar 1999 und der neu eingeführten Möglichkeit der Restschuldbefreiung für natürliche Personen haben sich für Unternehmer im Umgang mit ihren Kunden viele wichtige Punkte geändert. Dennoch lässt sich heute, 13 Jahre nach Einführung der Insolvenzordnung, feststellen, dass die meisten Unternehmen sich (noch) nicht ausreichend an die veränderte Lage angepasst haben. Vorkasse ist nach wie vor nicht „salonfähig“ und Unternehmer klagen über schlechte Zahlungsmoral und in letzter Konsequenz über hohe Forderungsausfälle.

Ein Argument, dem sich der Autor von seinen Mandanten immer wieder ausgesetzt sieht, ist die Tatsache, dass der Wettbewerbsdruck die Forderung nach Vorkasse, Anzahlung oder Sicherheiten nicht zulässt. Daher soll im Rahmen dieses Artikels aufgezeigt werden, dass trotz der oder vielleicht gerade durch die Insolvenz des Kunden noch gute Möglichkeiten bestehen, seine Rechte zu sichern und an Geld zu kommen.

Ich erlebe es in meiner Praxis täglich, dass die Gläubiger mit Insolvenzeröffnung die „Flinte ins Korn werfen“ und am Insolvenzverfahren außer der Forderungsanmeldung gar nicht mehr teilnehmen. Häufig wird darauf vertraut, der Insolvenzverwalter werde schon alles noch Mögliche veranlassen. Diese Denkweise ist vornehmlich auch die Erfahrung aus Zeiten der Konkursordnung zurückzuführen, wo der Schuldner durch das Konkursverfahren nach Verwertung aller Vermögensgegenstände nicht gezwungen werden konnte wieder zu arbeiten und es sich für diesen mangels wirtschaftlicher Perspektiven auch regelmäßig nicht lohnte. Dies ist unter der Insolvenzordnung anders. Der Gesetzgeber „schenkt“ dem Schuldner die Restschuldbefreiung nicht; diese muss er sich durch das sogenannte „Wohlverhalten“ verdienen. Ob er sich jedoch tatsächlich wohlverhalten hat oder nicht, müssen im Regelfall die Gläubiger entscheiden. Nur auf einen entsprechenden Antrag der Gläubiger hin entscheidet dann das Gericht, ob die Obliegenheiten der Insolvenzordnung durch den Schuldner eingehalten wurden. Insofern macht es eine fehlende Teilnahme der Gläubiger am Verfahren dem Schuldner leichter, die Restschuldbefreiung zu erlangen. Je weniger er sich also bemühen muss, desto weniger Geld wird im Regelfall auch für die Gläubiger an pfändbarem Einkommen zur Verfügung stehen. Gerade den „professionellen“ Schuldnern wird es hier unnötig leicht gemacht.

Des Weiteren ist es bei Gläubigern häufig unbekannt, dass nicht jede Forderung auch tatsächlich an der Restschuldbefreiung teilnimmt. Die Restschuldbefreiung ist zwar der Regelfall, aber davon ausgenommen werden können beispielsweise Forderungen, die aus strafbaren Handlungen des Schuldners (Körperverletzung, Betrug etc.) herrühren. Aber auch hier muss der Gläubiger aktiv tätig werden, um seine Forderung zu schützen und sie sich auch über die Restschuldbefreiung hinaus zu erhalten. Schon bei der Titulierung des Anspruchs (Erwirken eines gerichtlichen Urteils) sollten hierfür durch einen entsprechenden Feststellungsantrag die richtigen Weichen gestellt werden; anderenfalls kann die Verjährung dieser Privilegierung (trotz Titulierung) drohen.

Glücklicherweise – jedenfalls für den Gläubiger – sind die Anwaltsgebühren für die Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren und die eventuelle weitere Durchsetzung deutlich niedriger als in anderen Prozessarten, so dass die Vertretung durch einen Anwalt sich durchaus auch finanziell rechnen kann. Aufgrund der vielfältigen Tücken und Fallstricke des Insolvenzrechts sollte bei der Auswahl des Anwalts auf eine entsprechende fachliche Eignung (bevorzugt Fachanwalt für Insolvenzrecht) in diesem Bereich größter Wert gelegt werden. Die Einschaltung eines solchen Spezialisten empfiehlt sich übrigens schon im Inkassostadium, da hier im Regelfall bereits die Weichenstellung für das weitere Verfahren erfolgt. Angesichts der Tatsache, dass ein Großteil der Forderungen ohnehin gerichtlich durchgesetzt werden müssen, kann dies sogar Kostenvorteile gegenüber Inkassobüros bringen. Deren Gebühren müssen bei Beauftragung eines Anwalts nicht mehr vom Schuldner erstattet werden, da der Gläubiger ja sinnvollerweise gleich einen Anwalt hätte beauftragen können.