Helge R. Heiner

Hintergründe der Bankenkrise

Wie konnte so etwas eigentlich passieren?

… fragen sich derzeit Anleger, Bankkunden, aber vor allem auch Steuerzahler. Schon wieder bedroht eine Bankenkrise die Finanzmärkte und wieder einmal soll der Staat mit Steuergeldern einspringen und retten, was einige Wenige zu verantworten haben. So oder ähnlich hört man derzeit Reaktionen der Bürger auf die täglichen Nachrichten über die Bankenkrise. Doch ist es wirklich so, dass hier ein Fehlverhalten der Bankvorstände zu Grunde liegt, oder hat die Krise (auch) andere Gründe?

Die Antwort hierauf ist leider nicht so einfach zu finden, da viele komplexe Faktoren zusammenwirkten. Das Phänomen ist jedoch nicht neu. Ein bekanntes Extrembeispiel solcher Vorgänge ist die Weltwirtschaftskrise der 1920er Jahre, wo es an der New Yorker Börse im Oktober 1929 zum bisher weltweit größten Börsencrash kam. Er war zwar einerseits die die Folge von Überproduktion und dem damit verbundenen weltweiten Preisverfall auf den Agrar- und Rohstoffmärkten, andererseits aber auch kreditfinanzierter Massenspekulation. Heutzutage sind kreditfinanzierte Spekulationen zum Glück keine Massenerscheinung mehr, sondern eher eine – häufig am grauen Kapitalmarkt auftretende – Randerscheinung [Einen Artikel der sich mit möglichen Schadensersatzansprüchen aus einem kreditfinanzierten Anlageerwerb befasst, finden Sie hier in einer der nächsten Auflagen].

Im Jahre 2007 – von den USA ausgehend und durch Vergabe riesiger unbesicherter Kredite verursacht – sind nunmehr erneut einige bedrohliche Krisensituationen der Weltwirtschaft entstanden, auf die auch die jüngste Pleite der Lehman Brothers in den USA und die noch schwelende Krise der Hypo-Real Estate schwerpunktmäßig zurückzuführen sind. Nach und nach räumen jetzt auch andere deutsche Groß- und Landesbanken finanzielle Probleme ein.

So ist in den USA vor kurzem bereits das Rettungspacket von US-Finanzminister Paulson in Höhe von 700 Milliarden US-Dollar beschlossen worden.  Und auch die Bundesregierung hat gestern das größte Rettungspacket in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland geschnürt hat, welches mit großem Konsens von Bundestag und Bundesrat abgesegnet wurde.

Dem Bürger stellt sich dabei natürlich die Frage, warum die Regierungen so beherzt und schnell einzugreifen. Dazu muss man verstehen, welches Risiko hier überhaupt für die Weltwirtschaft und damit für uns alle besteht.

Was ist eine Bankenkrise und welche Folgen kann sie haben?

Als Bankenkrise bezeichnet man eine Finanzkrise, in der das Vertrauen in das Bankensystem durch finanzielle Probleme einzelner Kreditinstitute so schwer beschädigt wird, dass eine Kettenreaktion droht. Durch diese Kettenreaktion können auch andere Banken, deren Gläubiger und in der Folge die gesamte Volkswirtschaft geschädigt werden.

Es darf nicht vergessen werden, dass der Hauptanteil der Liquidität unserer Wirtschaft von Banken und dem Kapitalmarkt zur Verfügung gestellt werden, da kaum ein Unternehmen heutzutage vollständig eigenkapitalfinanziert ist. Und Liquidität ist das Blut in den Adern der Unternehmen.

Wie entstehen eigentlich solche Krisen?

Bankenkrisen werden vor allem durch die drastische Abnahme der Qualität der Vermögenspositionen (Aktiva) einer Bank oder des gesamten Bankensystems, die eine niedrigere Bewertung dieser Aktiva zur Folge hat, verursacht. Auslöser des Qualitäts- und Bewertungsverfalls können zum Beispiel sein:

  • Kreditrisiken
  • Marktpreisrisiken
  • Liquiditätsrisiken

I. Kreditrisiken
Banken vergeben Kredite. Diese sind immer mit einem gewissen Ausfallrisiko verbunden, welches die Kreditinstitute versuchen durch Sachwerte oder andere Vermögenswerte des Kreditnehmers, Sicherungsgebers oder Bürgen adäquat abzusichern. Beim Ausfall des Kreditnehmers wird naturgemäß versucht, die Sicherheiten zu verwerten und zur Tilgung des Kredits zu verwenden. Wenn Banken zu hohe Kredite an einzelne Kreditnehmer ausgeben oder bedingt durch Wirtschaftskrisen unerwartet viele Schuldner gleichzeitig zahlungsunfähig werden und sich zudem die gestellten Sicherheiten als unzureichend herausstellen (etwa Überbewertung einer Immobilie, die als Kreditsicherheit begeben wurde), können Banken unter dem Forderungsausfall zusammenbrechen.

Solche Probleme liegen in der Kreditvergabe und sind hausgemacht. Bestes Beispiel hierfür ist die Immobilienkrise in den USA, die unter den Spezialbanken zu einigen Insolvenzen geführt hat. Ermöglicht wurde diese durch den Umbruch des globalen Bankensystems – angetrieben von immer neuen Finanzprodukten seit Mitte der 80er-Jahre -, Investoren mit immer höheren Renditeerwartungen und zu guter Letzt einer lockerer werdenden Geldpolitik der Zentralbanken weltweit. Das Problem war in jüngst nicht mehr an Geld zu kommen, sondern möglichst zinsträchtige Anlageformen zu finden. Gleichzeitig lernten die Banken, ihre Kredite zu netten Portfolios zu bündeln und in Wertpapiere zu verpacken oder zu verkaufen. Das goldene Zeitalter der „Heuschrecken“ und Investmentfonds [einen Artikel der sich mit den rechtlichen Möglichkeiten nach einem Verkauf von Krediten an sog. „Heuschrecken“ befasst, finden Sie hier in einer der nächsten Auflagen] war geboren, in dem fortan alles so einfach erschien. Freiberufliche Makler konnten im mittleren Westen der USA – weitgehend ungeprüft seitens der Banken – Kredite vergeben. Die Banken kümmerte dies wenig, da sie ja wussten, dass sie diese schlecht besicherten Darlehen schon bald – mit dem Stempel der Rating-Agenturen – in alle Welt weiterreichen konnten. Käufer gab es genug – vor allem unter jenen Banken, die höhere Renditen brauchten, um ihre Existenz noch zu rechtfertigen. Mit Eintritt der Immobilienkrise jedoch änderte sich dies schlagartig. Die faulen Kredite fanden keine Abnehmer mehr und die Banken hatten plötzlich einen erheblichen – existenzbedrohenden – Wertberichtigungsbedarf.

 

II. Marktpreisrisiko (Börsen- und Spekulationsverluste)

Banken tragen auch selbst umfangreiche Marktrisiken. Dies sind vor allem Kursrisiken, Zinsänderungsrisiken und Währungsrisiken. Zu diesen Risiken gehören Börsenverluste, falsche Fristentransformation und Anlagen/Verschuldungen in anderen Währungen. Entwickeln sich die Märkte in eine für die Bank ungünstige Richtung, so kann dies den Bestand der Bank gefährden. Auf die Marktveränderungen hat die Bank keinen Einfluss, daher muss sie mit einer ständigen Marktbewertung ihre Risiken täglich überprüfen und bei übersteigen der eigenen Risikogrenze unverzüglich reagieren. Anders sieht es jedoch aus, soweit sich die Banken spekulativ am „Kredithandel“ der USA beteiligt haben und wegen der höheren Renditeerwartung auf einen gesunden Risikomix verzichtet haben. Wie wichtig eine Risikostreuung ist, musste jüngst erst die ev.-luth. Kirchengemeinde Oldenburg erleben, die wohl einen großen Teil ihrer Kapitalrücklagen (ca. 4,3 Millionen EUR) durch die Insolvenz der Lehman Brothers verloren hat (NZW berichtete am 23.09.2008). Hier gilt die altbewährte Strategie: Nie alles – zu einem Zeitpunkt – in ein Risiko investieren.

 

III. Liquiditätsprobleme

Zuletzt besteht eine Existenzgefahr für Banken aus unzureichender Liquidität.

Eigentlich besagt die sogenannte „Goldene Bankregel“, dass der Umfang und die Fälligkeit der von einem Kreditinstitut gewährten Kredite den dem Kreditinstitut zur Verfügung gestellten Einlagen entsprechen sollen. Man spricht hier von Fristenkongruenz. Dies bedeutet, dass kurzfristige Einlagen nur kurzfristig ausgeliehen werden dürfen, während langfristige Einlagen kurz-, mittel- und langfristig ausgeliehen werden können.

In der Realität wird die Goldene Bankregel von den Kreditinstituten jedoch im Normalfall nicht (mehr) eingehalten. Es wird stattdessen nur für eine nach statistischen Berechnungen ausreichende Zahlungsbereitschaft Vorsorge getroffen. Tatsächlich erzielen Banken heute sogar Erträge, indem sie bewusst gegen die goldene Bankregel verstoßen. Sie betreiben dann eine sogenannte Fristentransformation, indem sie einen Teil der niedrigverzinslichen, kurzfristigen Einlagen (z.B. Tagesgeld) langfristig (z.B. Baudarlehen) und damit zu höheren Zinsen ausleihen. Dieses Verhalten ist jedoch äußerst riskant. Ziehen nämlich die Anleger die kurzfristigen Gelder ab, so kann die Bank ihren langfristigen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen. Im Extremfall kann es so zum „Bank Run“, dem Stürmen der Bankschalter durch viele Kleinsparer, kommen.

Um es deutlich zu sagen: Fristentransformation lässt sich mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns, wie sie § 347 HGB fordert, eigentlich nicht vereinbaren. Dennoch treibt der Druck nach höherer Rendite seitens der Aktionäre („shareholder value“) und der Ruf nach günstigeren Konditionen seitens der Kunden immer noch viele Vorstände dazu, diese Risiken einzugehen. Lange genug ist es ja auch gut gegangen. Auch solche Probleme sind auf oberster Ebene hausgemacht.

Die derzeitige Bankenkrise ist überwiegen ein Liquiditätsproblem, da sich die Banken selbst nicht mehr trauen und sich gegenseitig kein Geld mehr leihen. Durch das Wegbrechen der kurzfristigen Geldaufnahme auf den internationalen Geld- und Kapitalmärkten sind die getroffenen Maßnahmen der Regierungen unausweichlich gewesen, um einen Kollaps der gesamten Weltwirtschaft zu vermeiden. Wenn es einem auch bei den Beträgen in Höhe von mehrerer hundert Milliarden schwindlig wird, so ist doch klarzustellen, dass dieses nicht Gelder sind, die als „verlorene Subventionen“ an marode Banken bezahlt werden. Diese Beträge sollen dazu beitragen, dass die Finanzmärkte wieder Liquidität erhalten und dadurch zur Normalität zurückfinden. Der tatsächliche finanzielle Verlust für den Bund wird voraussichtlich nur gering ausfallen. Dennoch belastet die Bereitstellung der Liquidität den Staatshaushalt erheblich.

Restschuld-Versicherungen bei Krediten – Fluch oder Segen?

Inzwischen bieten fast alle Banken bei Abschluss eines neuen Kreditvertrages die Absicherung der Ratenzahlungen durch eine sogenannte Restschuldversicherung (RSV) bei einer Versicherungsgesellschaft an, mit der sie dauerhaft kooperiert. Dies klingt auf den ersten Blick sehr verlockend, sichert es doch weitestgehend die Raten für den Fall einer Arbeitslosigkeit oder Erwerbsunfähigkeit ab. Anderesseits kostet diese Versicherung auch Geld. Bietet also die Bank ihrem Kunden den Abschluss einer solchen Versicherung ausschließlich aus Servicegesichtspunkten an?

Die klare Antwort lautet: Nein! Doch welche Ziele verfolgt eine Bank mit der Empfehlung dieser Versicherungen?

Zum einen ist es für die Bank natürlich vorteilhaft, wenn die Kreditraten in den genannten Fällen weitergezahlt werden. Hierdurch verringert sich das Ausfallrisiko der Bank. Bei dinglichen Sicherheiten (Grundschulden etc.) ist dies jedoch nicht zwangsläufig nötig, da die Sicherheiten in den meisten Fällen die noch offenen Darlehensvaluta abdecken. Das verbleibende Restrisiko ist in den Darlehenszinsen mit einkalkuliert. Schließt man dennoch zusätzlich die Restschuldversicherung ab, honoriert die Bank dies regelmäßig nicht mit einem günstigeren Zinssatz.

Zum anderen erhält die Bank – was den meisten Kunden nicht bekannt ist – für die Vermittlung der Versicherung eine Abschlussprämie. In Fachkreisen spricht man hier von einem sogenannten „Kick-Back“-Geschäft, welches inzwischen selbst bei den unterschiedlichen Senaten des Bundesgerichtshofs (BGH) als Geißel der Verbraucherinformation anerkannt ist. Faktisch handelt es sich hierbei nämlich um umgeleitete Zinsen der Bank. Über die Kick-Back-Provisionen kann sich die Bank vom Verbraucher über den Umweg der Versicherungsgesellschaft einen Teil der Kreditkosten verschleiert bezahlen lassen. Die Rechtsprechung geht deswegen, wenn die Bank ihre Kick-Back-Provisionen nicht bei Vertragsschluss offengelegt hat, teilweise sogar soweit, den gesamten Kreditvertrag als unwirksam zu erachten.

Die entsprechende Rechtsprechung des BGH kann im Einzelfall die Möglichkeit eröffnen, sich bei geplanter Ablösung von Krediten auf die Unwirksamkeit zu berufen und so eine Vorfälligkeitsentschädigung zu ersparen. Die entsprechende Beweisführung ist jedoch schwierig und sollte nicht ohne anwaltliche Beratung und Hilfe versucht werden!

Was kann man dagegen tun?

Neuere Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamburg gibt den Betroffenen Mut. So stellen Darlehensvertrag und der zu seiner Absicherung geschlossene Restschuldversicherung ein verbundenes Geschäft dar. Damit muss in der Widerrufsbelehrung des Kreditvertrages auch auf die Widerruflichkeit der Restschuldversicherung hingewiesen werden, was bisher praktisch keine Bank gemacht hat. Daraus folgt, dass die Frist zum Widerruf beider Verträge (Kredit und RSV) nicht abläuft.

Diese Rechtsprechung des OLG Hamburg kann im Einzelfall die Möglichkeit eröffnen, sich bei geplanter Ablösung von Krediten diese einfach zu widerrufen und eine Vorfälligkeitsentschädigung zu ersparen. Hier ist anwaltliche Prüfung und Beratung im Vorfeld extrem wichtig, da der Widerruf als sog. Gestaltungsrecht – einmal erklärt – nicht mehr zurückgenommen werden kann!

Ab dem 01.01.2008 muss die Höhe der Prämien des Risikolebensversicherungsanteil der RSV nach den neuen §§ 7 II + III, 2 I Nr. 1 VVG-InfoVO in einem Produktinformationsblatt angegeben werden.

Banken versuchen dies derzeit damit zu umgehen, dass sie die RSV auf den eigenen Namen abschließen. Der Kreditnehmer ist dann lediglich „versicherte Person“ des Versicherungsvertrages und die Bank ist nur verpflichtet sich selbst über die Höhe der Provisionen zu informieren.

Hierauf gilt es bei Vertragsneuabschlüssen zu achten und die Unterlagen sorgfältig zu lesen!

Vorfälligkeits-Entschädigung nicht ungeprüft hinnehmen

Beim Verkauf einer finanzierten Immobilie (oder bei jeder anderen Art der vorzeitigen Kreditbeendigung) wird von der finanzierenden Bank regelmäßig eine sogenannte „Vorfälligkeitsentschädigung“ berechnet.

Dabei handelt es sich, grob gesagt, um einen Schadensersatzanspruch der Bank für die entgangenen Zinsen bis zum geplanten Vertragsende. Grundsätzlich steht der Bank ein solcher Schadensersatzanspruch auch zu, jedoch meistens nicht in Höhe der vertraglich vereinbarten Zinsen bis zur Restlaufzeit. Die Bank kann nur den Schaden ersetzt verlangen, den sie selbst durch Refinanzierung am Kapitalmarkt erleidet.

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Die Insolvenz des Kunden

Mit Inkrafttreten der Insolvenzordnung am 01. Januar 1999 und der neu eingeführten Möglichkeit der Restschuldbefreiung für natürliche Personen haben sich für Unternehmer im Umgang mit ihren Kunden viele wichtige Punkte geändert. Dennoch lässt sich heute, 13 Jahre nach Einführung der Insolvenzordnung, feststellen, dass die meisten Unternehmen sich (noch) nicht ausreichend an die veränderte Lage angepasst haben. Vorkasse ist nach wie vor nicht „salonfähig“ und Unternehmer klagen über schlechte Zahlungsmoral und in letzter Konsequenz über hohe Forderungsausfälle.

Ein Argument, dem sich der Autor von seinen Mandanten immer wieder ausgesetzt sieht, ist die Tatsache, dass der Wettbewerbsdruck die Forderung nach Vorkasse, Anzahlung oder Sicherheiten nicht zulässt. Daher soll im Rahmen dieses Artikels aufgezeigt werden, dass trotz der oder vielleicht gerade durch die Insolvenz des Kunden noch gute Möglichkeiten bestehen, seine Rechte zu sichern und an Geld zu kommen.

Ich erlebe es in meiner Praxis täglich, dass die Gläubiger mit Insolvenzeröffnung die „Flinte ins Korn werfen“ und am Insolvenzverfahren außer der Forderungsanmeldung gar nicht mehr teilnehmen. Häufig wird darauf vertraut, der Insolvenzverwalter werde schon alles noch Mögliche veranlassen. Diese Denkweise ist vornehmlich auch die Erfahrung aus Zeiten der Konkursordnung zurückzuführen, wo der Schuldner durch das Konkursverfahren nach Verwertung aller Vermögensgegenstände nicht gezwungen werden konnte wieder zu arbeiten und es sich für diesen mangels wirtschaftlicher Perspektiven auch regelmäßig nicht lohnte. Dies ist unter der Insolvenzordnung anders. Der Gesetzgeber „schenkt“ dem Schuldner die Restschuldbefreiung nicht; diese muss er sich durch das sogenannte „Wohlverhalten“ verdienen. Ob er sich jedoch tatsächlich wohlverhalten hat oder nicht, müssen im Regelfall die Gläubiger entscheiden. Nur auf einen entsprechenden Antrag der Gläubiger hin entscheidet dann das Gericht, ob die Obliegenheiten der Insolvenzordnung durch den Schuldner eingehalten wurden. Insofern macht es eine fehlende Teilnahme der Gläubiger am Verfahren dem Schuldner leichter, die Restschuldbefreiung zu erlangen. Je weniger er sich also bemühen muss, desto weniger Geld wird im Regelfall auch für die Gläubiger an pfändbarem Einkommen zur Verfügung stehen. Gerade den „professionellen“ Schuldnern wird es hier unnötig leicht gemacht.

Des Weiteren ist es bei Gläubigern häufig unbekannt, dass nicht jede Forderung auch tatsächlich an der Restschuldbefreiung teilnimmt. Die Restschuldbefreiung ist zwar der Regelfall, aber davon ausgenommen werden können beispielsweise Forderungen, die aus strafbaren Handlungen des Schuldners (Körperverletzung, Betrug etc.) herrühren. Aber auch hier muss der Gläubiger aktiv tätig werden, um seine Forderung zu schützen und sie sich auch über die Restschuldbefreiung hinaus zu erhalten. Schon bei der Titulierung des Anspruchs (Erwirken eines gerichtlichen Urteils) sollten hierfür durch einen entsprechenden Feststellungsantrag die richtigen Weichen gestellt werden; anderenfalls kann die Verjährung dieser Privilegierung (trotz Titulierung) drohen.

Glücklicherweise – jedenfalls für den Gläubiger – sind die Anwaltsgebühren für die Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren und die eventuelle weitere Durchsetzung deutlich niedriger als in anderen Prozessarten, so dass die Vertretung durch einen Anwalt sich durchaus auch finanziell rechnen kann. Aufgrund der vielfältigen Tücken und Fallstricke des Insolvenzrechts sollte bei der Auswahl des Anwalts auf eine entsprechende fachliche Eignung (bevorzugt Fachanwalt für Insolvenzrecht) in diesem Bereich größter Wert gelegt werden. Die Einschaltung eines solchen Spezialisten empfiehlt sich übrigens schon im Inkassostadium, da hier im Regelfall bereits die Weichenstellung für das weitere Verfahren erfolgt. Angesichts der Tatsache, dass ein Großteil der Forderungen ohnehin gerichtlich durchgesetzt werden müssen, kann dies sogar Kostenvorteile gegenüber Inkassobüros bringen. Deren Gebühren müssen bei Beauftragung eines Anwalts nicht mehr vom Schuldner erstattet werden, da der Gläubiger ja sinnvollerweise gleich einen Anwalt hätte beauftragen können.