Die Schätzung, ein scharfes Schwert der Finanzverwaltung

Grundsätzlich hat der Steuerpflichtige dem Finanzamt gegenüber zu erklären, welche Einkünfte er hat, damit die Finanzverwaltung die zu zahlende Steuer berechnen kann. In einigen Fällen hat der Steuerpflichtige sogar selbst zu berechnen, welche Steuer er abzuführen hat und der muss diese beim Finanzamt rechtzeitig anmelden und zahlen. Nur in wenigen Fällen wird auf die Abgabe der Steuererklärung verzichtet, insbesondere dann, wenn über den Lohnsteuerabzug bereits das Maximum an Steueraufkommen bereits realisiert worden ist. Soweit der Steuerpflichtige diese Erklärungen nicht abgibt und auch nicht auf die Abgabe verzichtet worden ist, stehen der Finanzverwaltung im Wesentlichen zwei Möglichkeiten offen. Zunächst kann sie den Steuerpflichtigen zur Abgabe zwingen, indem sie Zwangsgelder erhebt. Sollten diese nicht beigetrieben werden können, droht dem Steuerpflichtigen sogar die Ersatzzwangshaft, die beim ersten mal regelmäßig zwei bis drei Tage beträgt. Diese Möglichkeit setzt den Steuerpflichtigen unter Druck, führt jedoch noch nicht unmittelbar zur Realisierung des Steueranspruches.

Daher kann das Finanzamt auch die Bemessungsgrundlage, also den Betrag nach dem sich die abzuführende Steuer berechnet, schätzen. Diese Schätzungen basieren regelmäßig auf den vorangegangenen Bemessungsgrundlagen und auch auf Branchenvergleichen, die das Finanzamt zieht. Aus diesem Grund sind die Schätzungen selten vollkommen an der Realität vorbei und entsprechen oftmals den tatsächlichen Bemessungsgrundlagen. Je länger die jedoch letzte Erklärung des Steuerpflichtigen zurückliegt, umso ungenauer werden jedoch die Schätzungen. Die Finanzverwaltung hilft sich hierbei mit Sicherheitszuschlägen, die dazu führen, dass lieber ein zu hoher als ein zu niedriger Betrag angesetzt wird. Noch vor einigen Jahren erfolgten diese Schätzungen immer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, so dass der Steuerpflichtige diesem Bescheid jederzeit durch die Abgabe der Erklärung die Grundlage entziehen und die Änderung erzwingen konnte. Seit einiger Zeit gehen die Finanzämter jedoch dazu über, die Schätzungen endgültig zu erlassen und auf den Vorbehalt der Nachprüfung zu verzichten. Die Folge ist, dass bei einer späteren Steuererklärung die Steuerschuld nur noch zu Ungunsten des Steuerpflichtigen geändert werden kann. Um dieses zu verhindern sollte der auf einer Schätzung beruhende Steuerbescheid rechtzeitig angefochten werden und die Steuererklärung sollte entsprechend nachgereicht werden. Ferner ist noch anzumerken, dass die Nichtabgabe der Steuererklärung auch als Steuerhinterziehung gewertet werden kann. Hier hilft die Einlassung, das Finanzamt habe einen Bescheid erlassen, wenig. Soweit das Finanzamt die Bemessungsgrundlage zu niedrig geschätzt hat, kommt es nur darauf an, ob der Steuerpflichtige dieses erkannt hatte oder zumindest ernsthaft damit gerechnet hatte, dass die Bemessungsgrundlagen und die Steuern im Ergebnis zu niedrig waren. Und hierfür liefert er immerhin schon ein Indiz, wenn er es bei dem Steuerbescheid nach geschätzten Bemessungsgrundlagen belässt.